Die Historikerin Christine Schoenmakers sprach zum 9. November vor unseren Oberstufenschülern. Sie gab einen Einblick in Ihre Forschungsbiographie. 

Das Schicksal eines jüdischen Unternehmers aus Jena und die Karriere eines Bremer NS- Richters wurde gegeneinander gesetzt. In der anschließenden Diskussion ging es um den Umgang mit den politischen Rändern und die schwierige Grenzziehung zwischen Meinungsfreiheit und Volksverhetzung.

Für beide, den deutschen Juden Arthur Friedmann und seiner Familie aus Jena und den  Bremer Richter Dr. Emil Warneken war der Machtantritt der Nationalsozialisten ein Einschnitt. Beide waren politisch deutschnational einzuordnen. Doch bedeutet der 30.01.1933 für den ehemaligen Frontkämpfer des Ersten Weltkriegs und Firmeninhaber die Vernichtung seiner bürgerlichen Existenz. Die Entfernung der jüdischen Beamten aus dem öffentlichen Dienst war für viele das Signal, in vorauseilendem Gehorsam die Ausgrenzung der deutschen Juden voranzutreiben. So schloss der Veteranenverband Kyffhäuserbund Arthur Friedmann aus. Im Zuge des 9.11.38 wurde Arthur Friedmann vorübergehend in Buchenwald inhaftiert. Seine Kinder wurden aus der Schule entfernt, sein Unternehmen arisiert und der Rest seines Vermögens auf einem Sperrkonto eingefroren. Durch Hilfe von Verwandten gelang es ihm, seiner Frau und ihren Kindern ein Visum für die USA zu erlangen. Dies rettete ihr Leben, seine Schwester und seine Mutter wurden ermordet.

Für den Richter Emil Warneken, der zunächst auf die Nationalsozialisten eher herabblickte, bedeutet der Aufstieg der NSDAP die Beschleunigung seiner Karriere. Am Sondergericht in Bremen an der Domsheide sah er die Möglichkeit, sich durch überaus harte Urteile auszuzeichnen. Für insgesamt 49 Todesurteile war er verantwortlich. Unerbittlich sorgte er für die Hinrichtung des 16jährigen polnischen Zwangsarbeiters Walerjan Wrobel. Auch ein Mann, der aus einem Trümmerhaus ein Glas Marmelade entwendete, wurde in den Tod geschickt. In vorauseilendem Gehorsam verzichtete Warneken bewußt darauf, Entscheidungsspielräume zu nutzen. 

Auch nach dem Krieg unterschied sich das Schicksal der beiden Protagonisten. Zwar war Warneken eine Ausnahme, da er trotz Unterstützung durch Senatoren nicht wieder als Richter eingesetzt wurde, doch taten seine Unrechtsurteile seiner weiteren beruflichen Karriere keinen Abbruch. Er wurde in den 50er Jahren Justiziar einer Bank und lebte als angesehener Bürger in unserem Bremen.

Die Familie Friedmann musste sich mühsam aus dem Nichts in Amerika eine neue Existenz aufbauen. Sie erhielt erst nach 1990 eine Entschädigung.

Die anschließende Diskussion drehte sich zunächst um die vorgestellten Biographien, dann ging es um das Erstarken der politischen Rechten und die Frage, was eine demokratische Gesellschaft aushalten muss und wo sie Grenzen setzen muss. Auch die zunehmende Verrohung im politischen Diskurs wurde beleuchtet.