Im Unterricht zum musikalischen Stadtrundgang
Musikgeschichte zum Anfassen gibt es beim „musikalischen Stadtrundgang“, der mit Herrn Dr. Rosteck in einer Doppelstunde der Oberstufe durchgeführt wurde, am besten natürlich bei sommerlichem Wetter.
Die Bremer Innenstadt bietet musikhistorisch gesehen einiges Interessantes, wenn auch die ganz „großen Meister“ persönlich nie in Bremen gelebt haben. Schon im Mittelalter verfügte Bremen mit den „rhades musici“ (= Rats- oder auch Stadtmusikanten – ja, so hießen sie wirklich!) über ein öffentlich bezahltes Musikleben. Am Dom wurde den Turmbläsern am gleichnamigen Brunnen ein Denkmal gesetzt. Drei Musiker spielen in mittelalterlich-frühneuzeitlicher Kleidung ein Horn (hier ein Tierhorn, nicht das moderne Blasinstrument) und zwei Zinken („Arme-Leute-Trompeten“ aus mit Leder ummanteltem Holz mit Grifflöchern).
Nach der Reformation wurde das Amt des Kantors (der Lehrer der Quarta, also der vierthöchsten Klasse) am Gymnasium illustre, einer voruniversitären Lehranstalt eingeführt, der für die Musikorganisation der Hansestadt und der vier Hauptkirchen zuständig war. Daneben gab es an jeder Kirche natürlich noch einen Organisten. Das Haus, dass der Organist an Unser Lieben Frauen (der damaligen Ratskirche) seit 1647 mit seiner Familie als Dienstwohnung gestellt bekam, steht heute noch, allerdings in der Funktion etwas umgewidmet; hier kann man jetzt Bratwürste essen…
Die St. Martini-Kirche an der Schlachte ist der Ort, an der der Text zum wohl berühmtesten Kirchenlied der Welt entstand: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“, das in über 60 Sprachen übersetzt wurde. Hier wirkte der Bremer Pastor Joachim Neander bis zu seinem frühen Tod mit 30 Jahren im Jahr 1980 als „Frühprediger“ (er war für die frühmorgendlichen Andachten und Gottesdienste zuständig); auf ihn geht das ursprünglich fünfstrophige Lied zurück. Wird man bei dem Namen hellhörig? Stimmt! Er lebte einige Jahre in Düsseldorf, wo er in einem Tal an dem Fluss Düssel bei Mettmann gerne Gottesdienste in freier Natur feierte. Durch den Ruhm als Kirchenlieddichter wurde dieses Tal einige Jahre nach seinem Tod nach seinem Namen benannt – „Neandertal“. Im 19. Jahrhundert wurde dort Kalksandstein abgebaut und schließlich 1856 Skelettfragmente prähistorischer Menschen gefunden, die seitdem „Neandertaler“ hießen. So erhielt der Homo neandethalensis seinen Namen vom Bremer Kirchenlieddichter.
Diese und noch weitere Orte und Geschichten runden den „musikalischen Stadtrundgang“ ab und zeigen, dass Musikgeschichte auch unmittelbar erfahrbar sein kann.